Früher war alles besser? Gedanken zur Nacht

Singlespeedsaison 2009

Kennt Ihr auch das Gefühl ... Je älter man wird, umso mehr sehnt man sich nach den guten alten Zeiten?
Wenn ja, dann geht es Euch vielleicht genauso wie mir in den letzten Tagen.
Immer öfter denke ich daran zurück, wie wir in den 90igern mit schmalen Lenkern und starren Bikes die Wälder durchkämmten. Die Räder hatten zum großen Teil kopflastige Geometrien, mit denen man sich waghalsig die Abhänge hinunterstürzte.
Jede Abfahrt war ein neues Abenteuer und wenn man danach, noch zitternd mit dem Bier in der Hand zwischen den Jungs stand, war man Stolz auf die Tour, den Tag, die bezwungenen Anstiege und die Typen in der Runde, welche genauso durchgeknallt waren wie man selbst. Ich persönlich empfand es jedenfalls als ein ehrliches, puristisches biken. Aber vielleicht bilde ich es mir auch nur ein, weil ich vergessen habe wie es sich anfühlt, auf einem Singlespeed eine Rampe hochzudrücken oder mit einer Starrgabel geröllige Abhänge hinunter zu rasen. Ganz zu schweigen von den körperlichen Schmerzen.
Dann, ein paar Jahre später kamen andere Geometrien und Materialien auf den Markt. Schlagworte dieser Zeit waren: mehr Federweg, Alu und dann musste es auch noch unbedingt Carbon sein. Wobei ich für mich persönlich sagen kann, dass Carbon komplett an mir vorbeigegangen ist. Und ganz ehrlich, ich bin sogar ein wenig Stolz darauf.
Irgendwann stellte ich fest, dass die immer schneller und besser werdenden Bikes, zwar schneller und besser waren, es bei den Touren irgendwann jedoch nicht mehr um den Wald, die Touren oder das gemeinsame Erlebnis ging, sondern um einen Schwanzvergleich auf Material Ebene.
Wir, eine kleine Gruppe Mountainbiker, hatten aber irgendwann keinen Bock mehr darauf, also bauten wir alles am Bike ab worauf man verzichten konnte! Ritzelpaket, Umwerfer, Schalthebel, die Federgabel wurde gegen die Starre getauscht, fast alles musste dran glauben und fertig war das Carbongewichtige ohne Carbon besitzende Singlespeed.
Es begann für mich die schönste Fahrradzeit meines Lebens.
Mit einem guten Freund ging es sogar per Singlespeed und Anhänger quer durch Deutschland. Bei Mountainbikerennen hat man uns gefeiert, als hätten wir gerade die Tour de France gewonnen, egal mit welcher Platzierung man auch durchs Ziel fuhr. Meist verlor man an der Verpflegungsstation die meiste Zeit, nur weil man mal wieder so einem Carbonfahrer erklären musste, weshalb man ungeschaltet fährt.
Und nun, fast 15 Jahre später, plötzlich und unerwartet, beginnt die Sehnsucht nach dem was einmal war. Eine Punktlandung zum Zeitpunkt wo Elektrofahrräder und Hochleistungsbikes den Markt dominieren.
Früher war alles besser? Nein das mit Sicherheit nicht! Das Fahrrad ist mit jeder Weiterentwicklung genau wie wir... älter, reifer, und prächtiger geworden!
Das ist nun mal der Lauf der Zeit und das ist auch gut so. Und man muss ja schließlich auch nicht jeden Trend mitmachen, nur weil jede Woche eine neue Kuh durchs Dorf getrieben wird. Und ja es gibt sie noch, puristische Stahlräder mit Starrgabeln, egal ob geschaltet oder ungeschaltet. Und auch sie haben sich weiterentwickelt und haben auch heute noch ihre Daseinsberechtigung!
Ich jedenfalls stöbere jetzt erstmal ein wenig auf der Surly Seite ...und träume weiter!

Euch einen schönen Abend
Euer Alf






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