Immer gegen den Strom


,,Immer gegen den Strom"
sagte Jan, als er bei Kilometer Zwanzig in seine luftgetrocknete Bratwurst biss. Unsere Selbstversorger Tour quer durchs Eichsfeld, verlangte uns so ziemlich alles ab. Gefühlt fuhren wir ab Leinefelde stetig bergauf und ging es dann einmal bergab, sorgte der frische Wind von vorn, meist für Ernüchterung. Immer gegen Strom, galt heute auch für uns! 

An uns vorbei zogen eilige Menschen auf ihren E-Bikes aller Gattungen. Oft überholten sie uns hektisch mit versteinertem, starren Blick. In meinen Gedanken hätte ich mir bei diesem Sturm, hin-und wieder auch einen Motor gewünscht. Aber keine Chance, sowas lösen wir heute anders. Aufrechte Sitzposition, strampeln mit Muskelkraft und das Gesicht lächelnd in den Wind drücken. Sind die Zweifel noch so groß ,,Immer gegen den Strom", auf einem Cruiser gibt es keine Eile! 

So saßen wir zur Mittagspause direkt am Leine-Radweg. Ein windgeschützter Rastplatz auf glitzerndem Rasen in Mitten der November Sonne, lud zum Verweilen ein. ,,Willst Du ein  Bier Jan?", prompte Antwort: ,,Gute Idee!" So sahen wir entspannt dem Treiben auf dem Radweg zu. Gute Gespräche inklusive! 

Als wir uns dann aus den Selbstversorgertaschen eine üppige Mahlzeit gönnten, kam bei der Bratwurstverkostung nun etwas Spannung auf. Die Regel war, jeder bringt eine Bratwurst von seinem Lieblingsfleischer um die Ecke mit. Kein Großmarkt, keine Massenware ... sondern gute Wurst vom Lande! Jetzt hieß es ,,Hessen gegen Thüringen". Jan stimmte für Thüringen und ich für Hessen! Unentschieden, wie so oft an diesem Tag. Außer in den Bergen, da gewann fast immer der Hesse! Bier statt Powergetränke, Wurst & Brot an Stelle von Fitnessriegeln. Immer gegen den Strom, so ist es eben, wenn man auf einem Cruiser unterwegs ist. Es ist ... so wie ich gestern lernen durfte.... eine Art Lebenseinstellung!

Die letzten 15 Kilometer ging es tatsächlich nur noch bergauf! Vor uns lag der Pass zum Grenzübergang nach Witzenhausen. Pass ist natürlich übertrieben! ,,Immer gegen den Strom", als Fahrer eines vollgepackten Beachcruiser darf man jeden Berg so nennen! Das war Sport! Nach und nach verstummte das Klappern der Bierflaschen aus den Packtaschen. Nun war im Kampf gegen den Berg, jeder auf sich alleine gestellt!

Irgendwann passierten wir den Grenzübergang nach Hessen. Eine letzte Stärkung, bevor es anschließend hinunter zum Zielort nach Witzenhausen ging. Kalter, böiger Wind machte auch diese Abfahrt zu einer Auffahrt. 




,,Das gibt es doch nicht, noch so ein Stich". 
Was für ein Zitat vom Jan, als er mit erhobenem Arm zum Bergbahnhof Witzenhausen zeigte: ,,Da oben müssen wir hin!" Alles andere als oben, bergauf oder hoch, hätte an diesem Tag eh nicht gepasst!


Nach mehr als 40 Kilometern erreichten wir unser Ziel. Dicke Beine und ein Tag voller herbstlicher, wundervoller Geschichten und Eindrücke liegt hinter uns.
Vielen Dank an Euch liebe Leser fürs mitkommen! 
Danke Jan, für diese wundervolle Tour! 

Und immer daran denken, bei Zweifel im Leben und auf dem Rad  gilt ab heute:

,,Immer gegen den Strom!"

Euer Alf von Ritzelzeit

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