Liebe Leser von Ritzelzeit, vorab möchte ich darauf hinweisen, dass folgende Eindrücke des Tages nur mein persönliches Empfinden darstellen und dieser Bericht rein aus dem Herzen und mit den verwirrten Gedanken der heutigen Tour entstanden ist.
Letztendlich bin ich doch immer wieder davon beeindruckt, was mich so beschäftigt und was so alles in meinem Kopf, an so einem grandiosen Tag wie heute, herumgeistert.
Mein Wecker klingelte bereits um 6.45Uhr.
Schlaftrunkend packte ich ein paar Sachen zusammen und entschied mich kurzfristig für einen Tag zurück in die Vergangenheit.
Da mein Surly für die anstehende Fatbiketour quer durch Deutschland fit gemacht wurde, entschied ich mich für die alte Lady.
Vielleicht kann sich der ein der Andere noch an meinen Schrott Beitrag erinnern?
Die alte Lady ist mein Mountainbike, mit dem ich um die Jahrtausendwende viele Rennen und Schlachten schlug und mit dem ich unendlich viele Erlebnisse teile.
Längst vergessen, entdeckte ich es irgendwann im Schuppen meiner Eltern und ich brachte es nicht übers Herz, es im Schrottcontainer am Dorfrand zu versenken.
Ab und zu fuhr ich damit zwar mal zur Arbeit, aber ne richtige Mountainbiketour, dass hab ich tatsächlich noch nicht gewagt.
Ehrlich gesagt hatte ich in Zeiten von 29 Zoll Plus Bereifung auch überhaupt kein Interesse mehr, mich auf ein 26er- Bruchbuden Abenteuer einzulassen.
Aber heute... da stehe ich nun kurz nach sieben in der Scheune,
blieb mir tatsächlich nichts anderes übrig.
Schon beim bepacken des Rades, kamen in mir Erinnerungen hoch!
Es war völlig verrückt!
Ich sah die alten Zeiten, dieses Rad und plötzlich musste ich an meinen Kumpel Achim denken ... und an das Josephskreuz! Ich weiss nicht warum, es sollte heute so sein oder vielleicht bin ich nach den Strapazen der letzten Wochen einfach nur irre geworden!
Wenn schon Retro, dann richtig Retro! So ging es mit Packtasche und genügend Werkzeug, wenige Minuten später zum Dorf hinaus
in Richtung Auerberg, da war ich Jahre nicht mehr!
Eine gewagte Aufgabe wenn man bedenkt, dass ich auf einem Hobel der 90er Jahre unterwegs bin!
Oh man dieses Rad rannte wie Sau, gradlinig und schnell.
Das XT Schaltwerk schaltete zuverlässig und butterweich,
als hätte es gestern noch im Schaufenster gelegen.
Nach dem ersten Berg, kam dann auch die erste Abfahrt.
Wenn man so wie ich eine 29er plus Bereifung gewohnt ist, muss man sich erstmal wieder an die Wendigkeit und Unruhe der 26er Laufradgröße gewöhnen.
Als ich wie gewohnt an der Bremse zog, kam erstmal nicht viel und dann schon der Baum, den ich leicht striff!
Scheiße ...ich hab ja Felgenbremsen!
Tatsächlich war das die nächste Herausforderung, gleich nach den Mini-Rädern!
Und so glitt ich Meter für Meter zurück in die Vergangenheit!
Ich gewöhnte mich mehr und mehr an die gestreckte Geometrie, die Laufräder
und die Verzögerung der Bremse!
Es war nicht unsicherer, nur anders!
Nach Kilometer 20 bemerkte ich, dass die Reifen sich auflösen!
Ja auch die waren in die Jahre gekommen!
Das Josephskreuz wollte ich unbedingt erreichen!
Zur Not lasse ich mich da oben eben abholen! Drauf geschissen, der Schwalbe Fat Albert Reifen hat mich tatsächlich bisher noch nie im Stich gelassen,
damals nicht und heute auch nicht!
Etwas Luft runter und weiter geht´s ,, Alf ...hab Vertrauen" !
Nach dem Bremsen, Laufrad- und Reifen Schock, kam dann die nächste Eingebung.
Auf dem Weg Richtung Stolberg kam mir so früh am morgen Jemand mit einem Trikot entgegen, welches ich selbst entworfen hatte!
Erst wusste ich gar nicht ob das nun die Realität ist oder
wieder meine Gedanken verrückt spielen!
Und tatsächlich fuhren wir aneinander vorbei, um uns wenige Meter später,
per Vollbremsung umzudrehen.
Wild gestikulierend fielen wir uns Sekunden später in die Arme!
Es war Karsten, den ich Jahre nicht gesehen habe, mit dem alten Trikot der Auebiker
und er kam tatsächlich so wie früher ...vom Josephskreuz!
Jetzt war ich endgültig in der Vergangenheit angekommen!
Der Rest ist schnell erzählt! Bei herrlichem Sonnenschein ging es dann hinauf zum Auerberg, wo ich viele nette Menschen traf!
Nette Gespräche mit Fremden, welche gar nicht so fremd waren und den obligatorische Cappuccino bekam ich so wie damals am selben Kiosk.
Den Umweg über viele geile Trails bis Schwenda und Dietersdorf meisterte ich ab nun auch mit 26er Bereifung, Avid Felgenbremsen und eingerissener Karkasse
an beiden Fat Albert Reifen!
Irgendwann kommt eben das Vertrauen und die Erfahrung in Material und Mensch zurück!
Das dauert bei mir und meinen Selbstzweifeln meist sehr lange,
aber ist man erstmal darüber weg,
fährt man weiter bis zum Nordpol ... auch ohne Kette!
Natürlich war das heute alles Zufall und viel Kopfkino, dennoch glaube ich ...wenn man sich auf das Abenteuer und seine Gedanken einlässt, dann passieren Dinge,
welche oft nicht erklärbar sind!
Das Lied Unknown Thought von Pearl Jam läuft derzeit bei mir in Dauerschleife und es fast diesen grandiosen Tag und das damit verbundene Kopfkino wahrlich zusammen:
All die Gedanken, die du nie siehst, denkst du ständig,
Der Kopf ist verwirrt, der Verstand ist tief, oh versinkst du darin?
Der Kopf ist verwirrt, der Verstand ist tief, oh versinkst du darin?
Fühl' den täglichen Lauf, welchen Weg schlägst du ein?
Atme tief durch und nutze die Chancen, yeah, das ist Leben.
Such' nach Liebe und beweise, dass du was wert bist,
Von Negativem verschlungen zu werden, ist schlimm und widerlich.
Such' nach Liebe und beweise, dass du was wert bist,
Von Negativem verschlungen zu werden, ist schlimm und widerlich.
(Pearl Jam - unknown Thought)
Ich hoffe ich konnte Euch ein wenig auf die Reise mitnehmen.
Geht raus, lebt Eure Träume und liebt auch Eure alten Fahrräder! :-*
Ich wünsche Euch wie immer Sonntag`s eine angenehme Woche ...
Euer Alf von Ritzelzeit
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