Social Distancing


Jedes Risiko birgt immer auch Chancen, so ist dass immer im Leben!
In Zeiten einer Pandemie, die nun nicht mehr nur vor der Tür steht, in einer Zeit, in der das Händewaschen und das einfach vor der Glotze sitzenbleiben viele erwachsene Menschen vor unüberwindbare Aufgaben stellt, sehe ich nun eben auch die Chance, mal in "alten Kisten" zu kramen.

Es begab sich zu einer Zeit, es war der 07. September 2014, da brach ich auf, um allein (social distancing) mit dem Rad nach Polen, genau genommen nach Chobie (Koben) einem kleinen Ort nahe der Stadt Opole(Oppeln) im wunderschönem Schlesien zu reisen. 
Es war eine Reise in die Vergangenheit und zugleich in eine so nicht zu erwartende Zukunft.


Der Plan, dort einmal mit dem Rad hinzureisen keimte schon einige Jahre. 
Ein Reise in die Vergangenheit sollte es insofern werden, als dass der Urgroßopa meiner Kinder hier sein Elternhaus hatte und er auch hier seine Frau kennen und lieben gelernt hatte. 
Am Ende hing also dieser triviale Umstand unmittelbar mit der meinigen Ereigniskette zusammen. 

Das Haus der "Opa-Familie" steht dort immernoch und wurde als Ferienhaus genutzt. Es ist sehr einfach gehalten und hat einen direkten Zugang zum Wald!

In den vorangegangen Jahren war ich schon öfter dort, meist aber mit dem Auto/Motorrad. Selten traf ich solch herzliche Menschen, sowie hier die Dorfbewohner, von denen es nur ca. 100 gibt. Alle sind freundlich, offen, hilfsbereit und jeder würde sofort sein Haus und Hof mit einem teilen. 

Wenn man möchte, kann man früh um 05:00 Uhr am 1. Haus losgehen um sich durchs Dorf zu begrüßen. Man kommt dann aber auch nur zum max. 5. Haus ist ist kugelrund gefüttert und abgefüllt mit Hochprozentigen.

Ich machte mich also am besagtem Tag, relativ unfit, gegen 10Uhr auf (ein Sonntag), die schöne Goldene Aue hinter mir zu lassen und mein bekanntes/gewohntes Leben für immer hinter mir zu lassen.

Am 1. Tag konnte ich gleich eine 141km Tour verbuchen und erreichte nach 8h und 550hm, den Cospudener See, der auch mein 1. Nachtlager sein sollte. Kurz nach Ankunft besuchte mich an meiner Zeltstatt ein wirklich alter Kumpel aus Schultagen, den es privat nach Lepzig verschalgen hatte und der auch die Radpassion teilt. Es war ein Wiedersehn nach langer Zeit und wurde entsprechend zelebriert

Cospudener See mit Vollmond

Der 2. Tag begann relativ unspektakulär. Ich wollte versuchen, so schnell wie möglich das Elbtal zu erreichen, um vermeintlich leichter voran zu kommen. 

Meißen

Nördlich von Meißen konnte ich ins Elbtal einbiegen und so konnte ich entspannt bis Dresden den Flow nutzen. Nach 120km und 590hm erreichte ich Coswig (ca.10km nordwestlich von Dresden).
Hier gab es ein schnelles Abendbrot, denn ich wollte am Folgetag relativ schnell los, um ein wenig Zeit in Dresden am Elbufer zu verbringen.
Gesagt getan! Am frühen Dienstagmorgen erreichte ich das Elbflorenz und genoss (ja, bei einer Flasche Bier und einer Tabakpfeife), das Ambiente.

Elbflorenz

Außerordentlich entspannt, machte ich mich weiter auf der Reise. Das heutge Ziel, bis kurz vor Görlitz, sollte ich nach 115km und 830hm erreichen. Diese Etappe zeichnete sich dadurch aus, dass es östlich von Dresden echt lange dauert, ehe man aus dem Elbtal wieder herausgefahren ist. 
Am Abend fand ich ein lauschiges Plätzchen unter einer alten Eiche und ich fiel in einen tiefen aber kurzen Schlaf.

Auf Du Und Du mit der alten Eiche

Am Tag 4 überquerte ich die deutsch-polnische Grenze in Görlitz. Und als wollte sich das Land dagegen wehren, dass ich einreise, setzte ein Dauerregen ein, welcher mich bis zum Ziel auch fast nicht mehr losließ.

Görlitz: Blick von der polnischen Seite aus über die Neiße
Gut durchweicht und Teile des Riesengebirges in den Knochen, erreichte ich nach 110km und 1010hm, Jelenia Góra (Hirschberg). 

dezent aufgeweichte Hände
Nach der heutigen Etappe rückte ich vom Zeltkonzept ab und wählte feste Unterkünfte.😎

Eine wunderschön gelegene, urige Pension
In herrlicher Lage und nach einem fantastischem Abendessen konnte ich mich in der folgenden Nacht ordentlich aufwärmen, denn wettertechnisch sollte es noch schlimmer kommen und auch hier sollten die dunklen Wolken schon Vorboten im übertragendem Sinne sein.

Tag 5 kann ich in einem Bild zusammenfassen:
 Trotz allem kam ich nach 110km und 890hm in Zlabkowice Slaskie (SIS Teilnehmer aufgepasst: zu deutsch Frankenstein ;-)), völlig aufgeweicht an. Ich fand ein Hotel und der junge Besitzer bestand, nachdem ich ihm mit Händen und Füßen, sowie gebrochenem Englisch erklären konnte, woher und wohin, darauf dass ich mein Rad samt Gepäck bei ihm im Büro zum trocknen über Nacht lagern sollte. Ein wahrhaft herzlicher Moment und ich hatte fast Pippi in den Augen.

Die letzte Etappe führte mich durch Opole und auch vor Augen, welche sozialen Defizit es hier gibt.
Es gab sehr viel Licht aber leider viel zu viel Schatten!
 
Opole: Blick über die Oder
Die erfahrene Gastfreundschaft des Hoteliers am Vortag, konnte ich auf einer einsamen Landstraße noch an eine alte Frau zurückgeben. Diese schien mit Ihrem Rad gerade vom Markt zukommen und hatte sich einen Plattfuss am Hinterrad gefahren, sodass sich der Schlauch schon um die Nabe und das Ritzel gwickelt hatte und somit das Rad blockierte, sodass sie nur noch unter großem Kraftaufwand das Rad zentimeterweise nach vorne brachte!
Es dauerte etwas, bis sie Verstand, was ich beabsichtigte. Ich konnte ihr weiterhelfen, da ich glücklicherweise selbst noch keine Panne (bis auf ein paar gebrochene Speichen) hatte und somit ihr einen neuen Schlauch einziehen konnte.
Sie war so dankbar und glücklich, aber sie schämte sich auch, weil sie mir nichts geben konnte! Erst nach vielen Eingestikulieren war es O.K., da es für mich eine Ehrensache war.

Ich bog auf die sportliche Zielgerade ein und erreichte Chobie nach 139km und 550hm an diesem Tag.

Kurz nach meiner Ankuft, ich konnte gerade mal abladen, kam auch schon die ertse Nachbarin mit einem Korb Tomaten und einer Flasche Bier und Schnaps, weil sich herumgesprochen hatte dass ich aus Deutschland mit dem Rad zu ihnen reisen wollte und meine Ankunft schon erwartet wurden war. (Urome Irene  hatte dafür gesorgt ;-))

6 Tage, 735km und knapp 4500hm später war ich angekommen. Am Wendepunkt meiner Lebensgeschichte.

Meine Rückreise war so organisiert, dass ich von meiner damaligen Frau am Sonntag mit dem Auto abgholt werden würde. Man wollte dann noch ein paar Tage dort verbringen und dann zurück reisen.

Noch am Tage ihrer Ankunft wurde mir offenbart, dass Sie sich von mir trennen will....

Von einem Moment auf den Nächsten lag mein Leben in Trümmern. Diese Reise und da bin ich rückblickend am meisten sauer, geriet soweit in den Hintergrund, dass ich auch erst heute dazu komme, diese auszuwerten.

Und so schließt sich aber auch der Kreis, denn es brauchte diese Krise, um heute so glücklich sein zu können, wie ich es mit Sicherheit ohne Diese nie hätte sein können.

Ich verbinde diese Reise immer mit einem Aufbruch und Chance zur Veränderung aber auch einem Zurückbesinnen auf das was wirklich zählt! 

Gerade jetzt sollten wir ALLE uns besinnen und die Bedeutung des Wortes SOZIAL verinnerlichen und LEBEN!!!
 !!!Seid VERANTWORTUNGSBEWUSST!!!

Auch wenn wir hier nicht DIE große Masse bedienen, möchte ich trotzdem die Möglichkeit nutzen, allen zu danken, welche das öffentliche Leben aufrecht erhalten und das Leben ALLER absichern und uns beschützen. 

Ihr seid die wahren Helden und ich hoffe, dass es anerkannt wird, in welcher Form auch immer!!!


Wir werden auch diese Krise gemeinsam überstehen und gestärkt und geerdet daraus hervorgehen.
Eine Erfahrung, die uns niemand nehmen kann. 
Hoffentlich nehmt ihr alle die positiven Effekte, die es definitiv auch gibt, daraus mit!!

Bleibt unter Euch, zu Hause und vorallem Gesund!!!





Kommentare

  1. Schön! Ohne das Drama am Schluss habe ich gefühlt ähnliches auf den Spuren meines Uropas in Italien erlebt. Belib gesund!

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